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Euphorie und Drama für den SK Kelheim in Düsseldorf

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Mit der Deutschen Vereinsmeisterschaft (DVM) der Altersklasse U10 ist in Düsseldorf die “Corona-Saison” 2020/21 für den Schachklub Kelheim 1920 final zu Ende gegangen. Nachdem erst kürzlich unsere U16- und U20w-Mannschaften in Kiel mit dabei waren – dort last Minute nachgerückt bzw. nachgemeldet, vorwiegend um Erfahrung zu sammeln und weil es natürlich für jeden Jugendschachspieler ein Erlebnis ist, bei einer Deutschen Meisterschaft dabei zu sein – war die Ausgangslage bei der U10 eine andere: “vorne mitmischen” war hier der Plan.

Bereits seit letzten Herbst stand fest, dass der SK Kelheim in der U10-DVM 2021 starten darf. Wegen der Corona-Lage im Dezember 2021, wo die DVM 2021 eigentlich hätte stattfinden sollen, wurde die Veranstaltung in den Sommer 2022 verschoben. Stattdessen hielt der Verband am eigentlichen Termin im Winter eine Online-Ersatzveranstaltung ab, an der viele der für die DVM qualifizierten Vereine teilnahmen. Damals konnte die Kelheimer U10-Mannschaft Platz 4 erreichen. Entsprechend motiviert ging es am vergangenen Wochenende nach Düsseldorf, um die Deutsche Vereinsmeisterschaft 2021 zu bestreiten.

An den Brettern saßen Moritz, Konny, Arthur und Leonhard. Als Betreuer waren Conny, Lena und Corni mit der Vor- und Nachbereitung beschäftigt.

Als moralische Unterstützung für die noch arg jungen Protagonisten waren die Familien mit dabei.

Die ursprüngliche Startreihenfolge zum Zeitpunkt der Meldung sah den SKK auf Rang 8 ins Turnier gehen, nach einem Refresh der DWZ-Zahlen kurz vor Turnierbeginn auf Rang 9 und nach der endgültigen Festlegung der Brettreihenfolgen war der SKK gar auf Startplatz 6 zu finden. Einige Vereine hatten wohl in letzter Sekunde noch Spieler für die parallel in Willingen stattfindenden Altersklassen U14 und U12w abgezogen.

Ermüdende Partieanalysen sparen wir uns an dieser Stelle und skizzieren dafür den groben Turnierverlauf, der aus SKK-Sicht Freude, Euphorie und Drama zugleich bot. In der ersten Runde legten die Kids gleich mal los wie die Feuerwehr und lieferten einen 4-0-Sieg zum Auftakt ab. Nach zwei Unentschieden und zwei weiteren Siegen mischte der SK Kelheim weiter munter vorne mit: Platz 3, 7, 6, 5, so ging es durch das Turnier und nach der 5. Runde lag die Spitze zum Greifen nahe, man durfte tatsächlich vom Meistertitel träumen:

Die Auslosung vor dem letzten Spieltag war jedoch unglücklich: ausgerechnet der Hamburger SK 1830 stand auf dem Programm, der spätere und bis zum Schluss ungeschlagene Turniersieger. Das musste bei 40 teilnehmenden Vereinen und nur 7 Runden nicht zwangsläufig so sein. In dieser 6. von sieben Runden gaben die Kelheimer mit 1-3 erstmals zwei Punkte ab und weil Fortuna schon mal Spaß hatte, folgte der Düsseldorfer SV 1854 (Setzlistenplatz 2) gleich noch hinterher. Hier war jedoch Spannung bis zum Schluss geboten: Moritz hatte schon gewonnen, Konny Remis und Leonhard eine seiner wenigen Partien verloren. Es stand also 1,5-1,5 und der Gegner hatte Arthur bereits Remis geboten, der als letzter noch spielte; man hätte also ein sicheres Unentschieden mitnehmen können. Doch ein Unentschieden war vielleicht für Tabellenplatz 7 gut. Daher kämpfte Arthur gemäß Absprache mit dem Mannschaftsführer und den Trainern tapfer weiter, denn mit einem Sieg war möglicherweise noch ein Treppchen-Platz drin. Am Ende sollte das Risiko nicht belohnt werden, die Partie und damit der Mannschaftssieg ging ebenso verloren wie das sichere Unentschieden. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Mutig von Arthur, dass er ungeachtet des gegnerischen Remis-Angebots noch alles versucht hat. Am Ende war trotz der tollen Mannschaftsleistung viel Trost vonnöten.

Unter dem Strich wurde es Rang 10 unter den 40 Vereinen, die sich bundesweit über die Landesebenen für die DVM qualifiziert hatten. Eine Wahnsinnsleistung für das junge Kelheimer Team, das noch viele gemeinsame Jahre und somit zahlreiche weitere Versuche vor sich hat. Wir freuen uns schon darauf! An dieser Stelle auch Glückwunsch an den verdienten, ja überlegenen Turniersieger Hamburger SK 1830. Die anderen bayerischen Vereine landeten auf den Plätzen 8 (TV Tegernsee), 26 (SF Tegernheim), 27 (SF München) und 39 (FC Bayern München).

Was gibt es sonst noch zu erwähnen?

Die Jugendherberge in Düsseldorf war ideal für diese Veranstaltung. Man merkte nicht, dass 160 Spieler plus Reserve plus Begleitpersonen vor Ort waren. Auch die Veranstaltung an sich ging völlig reibungslos über die Bühne. Schade nur, dass der Veranstalter nicht mit digitalen Brettern arbeiten konnte. Das war in Kiel, wo drei Altersklassen an allen Brettern gleichzeitig live übertragen wurden, für den mitfiebernden Zuschauer schon interessanter. So hingegen hing man ein bis zwei Stunden im Informationsvakuum fest, bis die Spieler endlich aus dem Turniersaal kamen.

Moritz hat 7 Punkte aus 7 Runden geholt, und das auf dem schwierigsten Brett auf einer Deutschen Meisterschaft. Das ist absolut phänomenal und die beste Einzelleistung aller 177 Spieler! Dabei lief durchaus nicht alles perfekt. Einmal hat Moritz in jugendlichem Leichtsinn sogar seine Dame eingestellt, in der Folge jedoch (Zitat: Corni) “so lange herumgewurschtelt”, bis er auch dem Gegner die Dame abgeluchst hatte. Am Ende gewann er diese Partie noch. Mit 100 % Ausbeute in einem derart spielstarken Feld darf er sich über ein ordentliches DWZ-Plus freuen; da wird es wohl weit über die 1700 hinaus gehen, was für einen Zehnjährigen durchaus bemerkenswert ist. Nimmt man die Qualifikation mit dazu, sind es sogar unglaubliche 14 aus 14. 😮

Leonhard auf Brett 4 war mit 777 der bei weitem DWZ-schwächste Spieler in dieser Truppe, jedoch konnte er mit 4 Punkten aus 7 Runden voll und ganz überzeugen. Auch er wird sich über ein ordentliches DWZ-Plus von ca. 200 (!) Punkten freuen dürfen.

Ein spannendes Detail zu Brett 2 und 3: Arthur, Jahrgang 2012, hat mittlerweile mit 1377 Punkten die höhere DWZ-Wertung und lieferte zuletzt bei der Qualifikation zur DVM 2022 fast volle Punktzahl ab. Konny, Jahrgang 2011, hingegen hat eine DWZ-zu-ELO-Schere von über 200 Punkten. Seine beinahe 1500 ELO deuten an, was ginge, wenn er – wie etwa auf Open – frei aufspielt, die “nur” 1275 DWZ hingegen, dass bei “Pflichtspielen” gelegentlich die Nerven flattern. Daher wurde er von den Trainern auf dem knackigeren Brett 2 platziert, da er an guten Tagen auch mal einen 1600er schlagen kann, und Arthur auf Brett 3, um gemäß Jugendleiterin Lena wie in der Quali hinten möglichst sichere Brettpunkte abzuliefern.

Der SK Kelheim hatte mit Jahrgang 2020 den bei weitem jüngsten Teilnehmer gemeldet. Da Emilian Vereinsmitglied und sowieso mit dabei ist, war er quasi “taktisches Brett 5”. 😉 Falls einer unserer regulären Spieler mit einem Gegner am Spätabend sagen wir ein, zwei Waldmeisterbrause über den Durst getrunken hätte und beide daher nicht einsatzfähig gewesen wären, hätten wir mit Emilian das Brett besetzen können, der Gegner vielleicht nicht. Es sollte aber nicht dazu kommen; wahrscheinlich, weil es keine Waldmeisterbrause in der DJH gab… 😉

Wir mussten bis nach Düsseldorf fahren, um erstmals ein Fußball-Match gegen die Oberpfälzer Verbandskollegen vom SF Tegernheim auszutragen. Belastbare Endergebnisse sind nicht überliefert.

Am Turnier-Wochenende lagen durchgehend deutlich über 30 °C Temperatur an. Einige Elemente waren dieser Gluthitze, in der die Kids drei Tage lang konzentriert spielen mussten, nicht im selben Maße gewachsen.

Weitere Impressionen aus Düsseldorf

Dazu gab es auch einen Zeitungsartikel: Die U10 vom SK Kelheim setzt auf Risiko (MZ, 18.08.2022)

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