Parallel zur Bayerischen Blitz-Einzelmeisterschaft in Augsburg und zum DSAM-Finale in Bad Wildungen war der SK Kelheim am vergangenen Wochenende noch auf einer weiteren Veranstaltung im Einsatz: dem Deutschen Mix-Teampokal U12.
Es handelt sich dabei um ein von der DSJ neu ins Leben gerufenes Format, ein Mannschaftsturnier auf Bundesebene mit Vierer-Teams, wobei jedes aus zwei U12-Jungs und zwei U12-Mädchen bestehen muss. Augenscheinlich ein Testballon des Verbands, um mehr Mädels wettkampfmäßig ans Brett zu bekommen. Hier herrscht beim Schach ja bekanntlich ein eklatantes Ungleichgewicht.

Da durfte der SK Kelheim natürlich nicht fehlen und so nominierten die Jugendleiter Konstantin Frikel und Alexander Nickel, sowie Lucia Riera Galmés und Sofiia Strielnokova für den Kelheim-Vierer. Die ersten drei waren Teil der U10-Truppe, die im letzten Winter Platz 4 auf der DVM erobert hat, und Sofiia war schon zweimal bei der bayerischen Mannschaftsmeisterschaft der Mädchen im Einsatz und hat dort zuverlässig abgeliefert. Nichtsdestotrotz war der Blick auf die offizielle Startrangliste ernüchternd:

Nur Startplatz sechs von zehn und 450 DWZ Rückstand auf die Spitze! Ganz so krass war das Delta zwischen den Teams dann doch nicht, denn das DSJ-Tool, das den Schnitt ausrechnet, war noch nicht an das neue Format angepasst. Das nahm bei mehr als vier gemeldeten Teammitgliedern einfach die vier stärksten, ungeachtet dessen, ob die in einem Mix-Team überhaupt alle gemeinsam spielberechtigt sind. Nimmt man nur jene, die tatsächlich spielten, um sich einen realitätsnahen Überblick zu verschaffen, war es nicht ganz so heftig:

Dennoch wurde schon im Vorfeld klar: Favoriten sind wir hier nicht! Umso spannender, wie sie sich schlagen würden.
Mindestens ebenso spannend wie der sportliche Verlauf war die Frage, welche Dynamiken sich in dieser Mix-Gruppe entwickeln würden. Es wurde schnell deutlich, dass sich die vier sehr gut verstehen. Sie spielten und tobten zwischen den Runden gemeinsam, nicht in Zweiergruppen „Jungs vs. Mädchen“. Jeder kämpfte für jeden bei den Partien und in den Pausen hatten sie augenscheinlich viel Spaß miteinander.

Die Anreise nach Bad Homburg erfolgte bereits am Freitag. Als Begleitpersonen und Fahrer waren Jürgen und Sabine mit dabei; auf die Unterstützung durch SK-Trainer musste bei diesem „Testballon“ diesmal verzichtet werden. Sabine, früher selbst aktive Spielerin, übernahm daher insbesondere bei den Mädchen sehr engagiert die Vor- und Nachbereitung der Partien.
Am Abend gab’s noch die Mannschaftsführerbesprechung, wo überraschend bekannt gegeben wurde, dass SC Weiße Dame (Berlin) nicht antritt. Das bedeutete, dass Kelheim gemäß Schweizer System in Runde 1 gleich gegen den top gesetzten SC Noris-Tarrasch Nürnberg ran musste.

Der nominelle Spielstärkeunterschied an den Brettern 1 bis 3 betrug um die 400 DWZ. Nur Sofiia hatte einen Gegner ihrer Kragenweite und so gaben zwar alle ihr Bestes, mussten am Ende aber doch Lehrgeld zahlen. Sofiia holte den Ehrenpunkt.

Davon ließ sich die Truppe aber nicht entmutigen – gegen den Favoriten zu verlieren, ist kein Beinbruch. Allerdings hielt das System bereits in Runde 2 die nächste Überraschung bereit: Bei zehn teilnehmenden Teams und einer Verteilung von fünf Siegern und fünf Verlierern in der ersten Runde lassen sich ausschließlich punktgleiche Paarungen in Runde 2 nicht realisieren. In solchen Fällen muss zwangsläufig ein Verliererteam gegen ein Siegerteam antreten – und ausgerechnet Kelheim erwischte es. Sie mussten gegen den Tabellenführer ran, der – was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen konnte – später auch Turniersieger wurde. Erst der Setzlistenerste, dann der Tabellenführer? Bei einem Turnier mit nur fünf Runden ist das schon ein herber Dämpfer!

Obwohl der nominelle DWZ-Unterschied hier nicht so groß war wie gegen Nürnberg, machten die Spandauer kurzen Prozess mit unserem tapferen Quartett. Einzig Sofiia konnte wenigstens ein Remis retten. Da war unsere Truppe wie auch der Betreuerstab vor Ort natürlich erstmal bedient.

Beim Modus 55+5, der wohl kürzesten Langschach-Variante, waren drei Runden pro Tag möglich und so ging es am späten Nachmittag gegen den SC Pirmasens, dem mit doch einigem Respektabstand Schlusslicht der Setzliste. Hier sollte doch was gehen!

Leider hatten die Mädels nicht ihren besten Moment: Lucia ließ sich eine Leichtfigur wegsperren und einsammeln, Sofiia übersah eine Springergabel und das war’s mit der Dame. Zum Glück konnten die Jungs jeweils einen vollen Punkt einfahren, sodass zumindest noch ein Unentschieden heraussprang. Aber natürlich war das nicht das Ergebnis, das sie sich erhofft hatten.

Damit war der erste Tag geschafft. „Zwischen den Runden war in der Regel ausreichend Zeit, um sowohl zu spielen als auch die Partien zu analysieren. Drei Partien an einem Tag waren gut machbar“, meinte Jürgen zum Terminplan. Was anderes war’s am Sonntag, da ging’s schon in der Früh um 8:00 Uhr gegen SchVgg Blankenese weiter und da noch am Vormittag auch die letzte Runde geplant war, war der Sonntag fast stressiger, als der Samstag.
Hier war Kelheim der nominelle Favorit, insbesondere an den vorderen Brettern.

Endlich konnte sich Lucia für ihren Einsatz belohnen und den ersten Sieg nach Hause fahren. Die Führung war allerdings bald wieder dahin, nachdem Sofiia zunächst drei Bauern ins Hintertreffen geraten war und im Anschluss regelrecht überrollt wurde. Kurze Zeit später konnte Konsti die Führung wieder herstellen. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass der Mannschaftssieg trotzdem schwierig bis unmöglich werden würde, denn Alex kämpfte nebenan mit einer Leichtfigur zu wenig im Endspiel, das er letztlich nicht halten konnte. Damit wurde es abermals nur ein Unentschieden. Es schien wie verhext!

Im fünften und letzten Durchgang ging es gegen Rheinhausen.

Nach etwa einer Stunde brachte Sofiia den SK-Vierer früh in Führung. Eine Dreiviertelstunde später folgte allerdings der nächste Dämpfer: in einer Abtauschsequenz hatte Lucia schon in der Eröffnung eine Leichtfigur eingebüßt. Zwar kämpfte sie noch weiter und es gelang ihr tatsächlich, wieder Materialgleichheit herzustellen, im Endspiel ging’s aber final in den Graben. Diesmal jedoch brachten die Jungs ihre Partien beide sauber zu Ende und lochten damit zum ersten Mannschaftssieg des Turniers ein.

Der SKK-Dampfer lief auf Rang 7 in den Hafen, punktgleich mit dem sechstgereihten Düsseldorfer SK.

Als Preise gab’s Pokale für die drei erstplatzierten Teams, sowie Medaillen für alle.

Auch wenn insbesondere der erste Tag sicherlich ziemlich ernüchternd war für die Kids, allein bei einem Pokalwettbewerb auf Bundesebene dabei sein zu können, ist eine tolle Erfahrung, die den Jungs und Mädels keiner mehr nehmen kann. Und gelernt haben sie gewiss auch wieder viel, was ihnen bei künftigen Einsätzen weiterhilft. Und Jürgen hat natürlich recht: „Insgesamt war es ein schönes und gut organisiertes Turnier. Ich finde, es ist immer etwas Besonderes, bei einer Deutschen Meisterschaft dabei zu sein.“ Sabine meinte: „Ich war wirklich positiv überrascht, wie toll die Jungs und Mädels miteinander auskamen. Es gab keinen Moment des Streits oder der Vorwürfe, wenn schachlich mal was nicht so optimal lief. Das hat mich persönlich am meisten gefreut. Die Herberge war toll. Das Personal stets freundlich und hilfsbereit.“

Am Nachmittag machte sich die Truppe wieder auf den Nachhauseweg und kam am Abend wohlbehalten wieder in der Heimat an. Abschließend Jürgen: „Unterm Strich hätte das Turnier aus sportlicher Sicht etwas besser laufen können, aber am Ende gab es zumindest einen versöhnlichen Abschluss.“
Dem Vernehmen nach soll der DMTP im nächsten Jahr wieder stattfinden.